Aktuelles

Für eine Woche Lehrer sein

Extra Lernzeit

Dafür, dass eigentlich die letzte Woche der Sommerferien ist, ist viel los an Fürstenberg-Gymnasium und -Realschule. Gut 80 Schüler kehrten früher in die Klassenräume zurück – zum Lernen, aber auch zum Unterrichten. Sie sind Teil des Programms „Extra-Zeit zum Lernen NRW“, das die Landesregierung aufgelegt hat, damit Schüler Lücken aus dem Homeschooling schließen können.

Schüler der Jahrgangsstufen fünf bis neun nutzen das Angebot, um freiwillig Stoff aus dem letzten Jahr zu wiederholen. Unterrichtet werden sie in Mathe, Deutsch und Englisch – und das nicht nur von Lehrern und Referendaren. Auch elf aktuelle und ehemalige Schüler der Oberstufe des Gymnasiums nahmen sich Zeit, um als „Schüler-Lehrer“ an der Tafel zu stehen.

„Ich fand die Idee super, während Corona sind ja einige Themen zu kurz gekommen“, sagt Jana Dirkes (18). Im Sommer hat sie ihr Abitur gemacht, ist aber für eine Woche an ihre alte Schule zurückgekehrt, bevor im September das duale Studium beginnt. Jetzt hilft sie Achtklässlern des Gymnasiums in Mathe. „Es ist doch super, wenn wir so den Jüngeren helfen können“. Da stimmt ihr Nele Streyl zu. „Ich fand, das war eine schöne Idee“, sagt die 17-Jährige, die nach den Ferien die Q2 besucht. Und so erklärt sie nun Sechstklässlern Mathe und Deutsch.

Für Leon Krüer (18) war die Woche auch eine Chance, den Beruf des Lehrers auszuprobieren. Schließlich spielt er mit dem Gedanken, nach seinem Abitur nächsten Sommer ein Lehramtsstudium zu beginnen. „Jetzt kann ich sehen, ob mir das liegt.“ Und so war für ihn schnell klar, dass er eine Woche seiner Ferien opfern wollte, um den anderen Schülern zu helfen: „Ich hab da gar nicht lange drüber nachgedacht.“

Vielen anderen Oberstufenschülern ging es genauso. „Wir hatten deutlich mehr Bewerbungen als Plätze“, sagt Barbara Müller, stellvertretenden Schulleiterin des Gymnasiums. Gegen ein Taschengeld, finanziert aus den Töpfen der Landesregierung NRW, wollten viele als „Schüler-Lehrer“ früher aus den Ferien zurückkommen.

Was an den vier Vormittagen besprochen werden soll, haben die Fachlehrer festgelegt. „Die Kollegen haben Material zusammengestellt“, erklärt Volker Lünnemann, zweiter Konrektor der Realschule. Schließlich wüssten die Lehrer am besten, welche Themen im letzten Jahr zu kurz gekommen sind. Sie haben auch Schüler angesprochen, für die eine Teilnahme an dem freiwilligen Programm sinnvoll wäre, sagt Lünnemann. „Und der überwiegende Teil dieser Schüler ist da.“

Auch wenn die „Extra-Zeit“ in der Schule freiwillig ist, waren nicht alle der rund 70 Schüler davon begeistert, früher zurück ins Klassenzimmer zu kommen. „Am Anfang hatten sie noch nicht so viel Lust, aber das wurde besser“, sagt Jana Dirkes. „Sie sehen, dass es was bringt,“ erklärt sie und erzählt von der Freude „ihrer“ Schüler, als die binomischen Formeln ihnen keine Rätsel mehr aufgaben.

Die gleiche Erfahrung haben auch die anderen „Schüler-Lehrer“ gemacht. „Man merkt, dass sie was lernen wollen“, fasst Nele Streyl ihre Erfahrungen zusammen und erzählt, sie habe die Sechstklässler gefragt, wie ihnen die Stunden mit den Schülern als Lehrer gefallen. Die Antwort: „Für Unterricht macht das schon viel Spaß.“

Erstveröffentlichung am 12.08.2021 in der Ibbenbürener Volkszeitung